BEXADDE

BEXADDE

Bilder aus dem Zwischenreich
Die Bexadde ist ein Bach in den Dammer Bergen, der aus einer Vielzahl von Quellen gespeist wird. Der Sage nach gab es im Bexaddetal eine Nymphe namens Bessade, die einst einem verdurstenden Ritter eine Quelle mit Trinkwasser auftat. Nach ihr ist der Bach, das Tal und eine Siedlung in der Nähe benannt.
Im Frühjahr 2021 hatte ich die Gelegenheit, meinen alten Biologielehrer auf einer Exkursion ins Feucht- und Quellgebiet der Bexadde zu begleiten. Diese Exkursion öffnete mir die Augen für die Schönheit der Natur, die ich so bisher nicht kannte, eine Schönheit, die wenig zu tun hatte mit dem idyllischen Bild des murmelnden Bächleins der romantischen Überlieferung. Eher war es eine dunkle und fremde Schönheit, deren Reichtum sich dem Verfall und der Vergängnis zu verdanken schien, eine Schönheit, die sich umso mehr offenbarte, je näher und genauer ich hinschaute.
Mehr und mehr entpuppte sich das auf den ersten Blick so Unscheinbare als eine Landschaft von wunderbarer Vielfalt. Dies wollte ich mit der Kamera festhalten, und so begann ich, auch an anderen Wasserstellen näher hinzuschauen. Anfangs fotografierte ich an möglichst vielen und unterschiedlichen Orten wie Moor- und Entwässerungsgräben, verlandenden Tümpeln, Überflutungsflächen und auf überschwemmten Äckern. Auf Feld- und Waldwegen lichtete ich profane Wasserpfützen ab. Doch am Ende waren es immer wieder dieselben vier oder fünf Orte, die mich am meisten anzogen: Hier entfaltete der vegetative Prozess, der Zyklus von Entstehen und Vergehen dem fotografischen Blick die eindrucksvollsten Ansichten.
Verrottendes Laub, das im Prozess der Auflösung seine kunstvoll gebauten Strukturen offenlegt und in allen Farbschattierungen vom lichten Grün bis zum schwarz-dunklen Sepiabraun leuchtet. Kieselalgen produzieren Unmengen von winzigen Sauerstoff-Bläschen; Wildkirschen und Kiefernzapfen im Schlamm erinnern an eingelegte und gelierte Köstlichkeiten; Asseln, Faden- würmer und Insekten, Gewimmel von Larven, die ihrer Metamorphose harren; Springschwänze, die den Kadaver eines Käfers zersetzen. Und immer wieder das Wasser, das sich in allen nur denkbaren Tönungen und Nuancierungen zeigt: hier klar und durchsichtig bis auf den Grund, dort metallisch irisierend oder wie Emaille schimmernd. Anderswo von samtig-dunklen Rottönen durchwirkt oder mit Glasuren aus zarten Blauabstufungen versehen, die den Himmel spiegeln. Dann, zu anderen Zeiten, winterlich zu Eis erstarrt, mit silbrigen Einschlüssen, die wie kostbar gefasstes Geschmeide wirken.
All dies mag auf den ersten Blick mitunter düster und morbide erscheinen – eher Ursuppe als plätschernde Bächlein, doch stets zeigt es eine faszinierende Schönheit, die Schönheit in der Vergänglichkeit, im Werden und Vergehen.